Schnelle Seitennavigation

zu Dokument
zu Dokumentfunktionen
zu Zitierungen
zu Kontext
zu letzte Dokumente
zu Seitennavigation

Dokument


§ 18 LHO
Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg (LHO)
Landesrecht Baden-Württemberg

Teil II – Aufstellung des Haushaltsplans und der Finanzplanung

Titel: Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg (LHO)
Normgeber: Baden-Württemberg
Amtliche Abkürzung: LHO
Gliederungs-Nr.: 6300-1
Normtyp: Gesetz

§ 18 LHO – Kreditermächtigungen

(1) Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Einnahmen aus Krediten im Sinne von Satz 1 entstehen dem Land auch dann, wenn Kredite von Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Landes, die gemäß den gesetzlichen Vorgaben der Europäischen Union dem Staatssektor zuzurechnen sind (Extrahaushalte), aufgenommen werden und wenn der daraus folgende Schuldendienst aus dem Landeshaushalt erbracht wird oder künftig zu erbringen ist.

(2) Nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 können Einnahmen und Ausgaben durch Kredite ausgeglichen werden (zulässige Kreditaufnahme) oder es besteht eine Verpflichtung zur Tilgung von Kreditmarktschulden (Tilgungsverpflichtung).

(3) Finanzielle Transaktionen wirken sich mindernd oder erhöhend auf die zulässige Kreditaufnahme oder Tilgungsverpflichtung aus. Zur Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen wird eine Finanztransaktionskomponente errechnet. Die Finanztransaktionskomponente ergibt sich aus dem Unterschied zwischen der Summe der einnahmeseitigen finanziellen Transaktionen und der Summe der ausgabeseitigen finanziellen Transaktionen. Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen sind die Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen, aus der Kreditaufnahme beim öffentlichen Bereich sowie aus Darlehensrückflüssen. Ausgabeseitige finanzielle Transaktionen sind die Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, für Tilgungen an den öffentlichen Bereich und für die Darlehensvergabe. Einnahmeseitige finanzielle Transaktionen erhöhen, ausgabeseitige finanzielle Transaktionen senken die Finanztransaktionskomponente. Eine negative Finanztransaktionskomponente erhöht die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise verringert die Tilgungsverpflichtung. Eine positive Finanztransaktionskomponente verringert die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht die Tilgungsverpflichtung.

(4) Konjunkturelle Schwankungen wirken sich mindernd oder erhöhend auf die zulässige Kreditaufnahme oder Tilgungsverpflichtung aus. Zur Feststellung der Auswirkungen einer Abweichung von der wirtschaftlichen Normallage ermittelt das Finanzministerium eine Konjunkturkomponente. Die Konjunkturkomponente errechnet sich aus dem Produkt der nominalen gesamtstaatlichen Produktionslücke, der Budgetsemielastizität der Ländergesamtheit und dem Anteil des Landes Baden-Württemberg an den Steuereinnahmen der Länder einschließlich des Länderfinanzausgleichs und der Allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen (Steueranteil des Landes). Die nominale gesamtstaatliche Produktionslücke wird entsprechend § 5 des Artikel 115-Gesetzes in Verbindung mit der Artikel 115-Verordnung bestimmt. Bei Nachträgen zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan wird zur Ermittlung der nominalen gesamtstaatlichen Produktionslücke ausschließlich die erwartete wirtschaftliche Entwicklung aktualisiert. Die Budgetsemielastizität der Ländergesamtheit wird jeweils auf Basis der Frühjahrs- und Herbstprojektion der Bundesregierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung durch das Bundesministerium der Finanzen festgelegt. Der Steueranteil des Landes ergibt sich aus der jeweiligen Steuerschätzung, die der Veranschlagung zugrunde liegt. Eine negative Konjunkturkomponente erhöht die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise verringert die Tilgungsverpflichtung. Eine positive Konjunkturkomponente verringert die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht die Tilgungsverpflichtung. Die sich nach Abschluss des Haushaltsjahres ergebende Konjunkturkomponente ist jeweils auf einem Symmetriekonto in der Landeshaushaltsrechnung abzubilden.

(5) Soweit Kredite im Sinne von Absatz 1 Satz 2 aufgenommen werden, sinkt die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht sich die Tilgungsverpflichtung. Soweit Kredite im Sinne von Absatz 1 Satz 2 getilgt werden, erhöht sich die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise sinkt die Tilgungsverpflichtung (Extrahaushaltskomponente).

(6) Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Landes Baden-Württemberg entziehen und dessen Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann von den Vorgaben nach den Absätzen 1 bis 5 abgewichen werden (Ausnahmekomponente). Die Feststellung, dass eine Naturkatastrophe im Sinne von Satz 1 vorliegt, trifft der Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Die Feststellung, dass eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne von Satz 1 vorliegt, trifft der Landtag bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln seiner Mitglieder mit einer Zweidrittelmehrheit, die jedoch mehr als die Hälfte seiner Mitglieder betragen muss. Über die Höhe der Ausnahmekomponente beschließt der Landtag mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Beschluss nach Satz 4 ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die Rückführung der insoweit aufgenommenen Kredite beziehungsweise die Nachholung der insoweit unterbliebenen Tilgung von Kreditmarktschulden hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen. Der Zeitraum ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation, der Höhe der Ausnahmekomponente sowie der konjunkturellen Situation zu bestimmen. Der im Tilgungsplan festgelegte jährliche Tilgungsbetrag fließt in die Ermittlung der zulässigen Kreditaufnahme beziehungsweise der Tilgungsverpflichtung ein (Tilgungskomponente).

(7) Weicht nach Abschluss des Haushaltsjahres die Höhe der in Anspruch genommenen Nettokreditermächtigungen beziehungsweise die Höhe der Nettotilgung von Kreditmarktschulden von der nach der tatsächlichen Haushaltsentwicklung zu ermittelnden zulässigen Kreditaufnahme beziehungsweise Tilgungsverpflichtung nach den Absätzen 1 bis 6 ab, ist der abweichende Saldo auf ein Kontrollkonto zu buchen. Bei einer Überschreitung der zulässigen Kreditaufnahme beziehungsweise einer Unterschreitung der Tilgungsverpflichtung erhält der zu buchende Unterschiedsbetrag ein negatives Vorzeichen. Bei einer Unterschreitung der zulässigen Kreditaufnahme beziehungsweise einer Überschreitung der Tilgungsverpflichtung erhält der zu buchende Unterschiedsbetrag ein positives Vorzeichen. Das Kontrollkonto ist jährlich abzuschließen und im Rahmen der Landeshaushaltsrechnung darzustellen. Bei negativem Saldo ist auf einen Ausgleich des Kontrollkontos hinzuwirken. Ist der Saldo des Kontrollkontos negativ und überschreitet der Betrag des Saldos den Wert von 0,5 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt des Landes, sinkt die zulässige Kreditaufnahme beziehungsweise erhöht sich die Tilgungsverpflichtung um den überschießenden Betrag, höchstens aber um 0,1 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt des Landes (Kontrollkontoausgleichskomponente). Die Kontrollkontoausgleichskomponente wird nur in Jahren mit positiver Veränderung der Produktionslücke berücksichtigt.

(8) Das Haushaltsgesetz bestimmt, bis zu welcher Höhe das Finanzministerium Kredite aufnehmen darf

  1. 1.

    zur Deckung von Ausgaben;

  2. 2.

    zur Aufrechterhaltung einer ordnungsmäßigen Kassenwirtschaft (Kassenverstärkungskredite); soweit diese Kredite zurückgezahlt sind, kann die Ermächtigung wiederholt in Anspruch genommen werden; Kassenverstärkungskredite dürfen nicht später als sechs Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres, für das sie aufgenommen worden sind, fällig werden;

  3. 3.

    zur Anschluss- oder Umfinanzierung bestehender Kredite am Kreditmarkt.

(9) Die Ermächtigungen nach Absatz 8 Nummer 2 gelten bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres und, wenn das Haushaltsgesetz für das nächste Haushaltsjahr nicht rechtzeitig verkündet wird, bis zur Verkündung dieses Haushaltsgesetzes. Die Ermächtigung nach Absatz 8 Nummer 3 gilt bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres und, wenn das Haushaltsgesetz für das zweitnächste Haushaltsjahr nicht rechtzeitig verkündet wird, bis zur Verkündung dieses Haushaltsgesetzes.

(10) In den folgenden Haushaltsjahren eingehende Einnahmen aus Kreditaufnahmen des laufenden Haushaltsjahres dürfen unter Beachtung des § 76 zugunsten des laufenden Haushalts gebucht oder umgebucht werden.

(11) Im Rahmen der Kreditfinanzierung darf das Finanzministerium Vereinbarungen mit dem Ziel der Optimierung von Kreditkonditionen oder der Steuerung von Zinsänderungsrisiken abschließen. Dies gilt für bereits bestehende Kredite, einschließlich deren Anschluss- oder Umfinanzierung, sowie für die im Haushaltsjahr vorgesehenen neuen Kredite.



/Gesetze des Bundes und der Länder/Baden-Württemberg/LHO,BW - Landeshaushaltsordnung/§§ 11 - 33, Teil II - Aufstellung des Haushaltsplans und der Finanzplanung/