Schnelle Seitennavigation

zu Dokument
zu Dokumentfunktionen
zu Kontext
zu letzte Dokumente
zu Seitennavigation

Dokument

Hamburgisches Archivgesetz (HmbArchG)
Landesrecht Hamburg
Titel: Hamburgisches Archivgesetz (HmbArchG)
Normgeber: Hamburg
Amtliche Abkürzung: HmbArchG
Gliederungs-Nr.: 224-8
Normtyp: Gesetz


(Inhaltsverzeichnis und amtliche Hinweise wurden ausgeblendet)




§ 1 HmbArchG – Aufgaben des Staatsarchivs

(1) Das Staatsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen der Verfassungsorgane, Gerichte, Behörden und sonstigen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg und der ihrer Aufsicht unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf ihre Archivwürdigkeit zu bewerten und die als archivwürdig festgestellten Teile als Archivgut zu übernehmen, zu verwahren, zu erhalten, zu erschließen und für die Benutzung bereitzustellen (Archivierung) sowie auszuwerten. Diese Aufgaben erstrecken sich auch auf Unterlagen der Rechts- und Funktionsvorgänger der in Satz 1 genannten Stellen.

(2) Das Staatsarchiv kann auch Archivgut anderer Stellen archivieren, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht.

(3) Das Staatsarchiv sammelt sonstiges Dokumentationsmaterial, soweit es als Ergänzung des Archivgutes dient.

(4) Das Staatsarchiv berät die in Absatz 1 genannten Stellen bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen im Hinblick auf die Archivierung nach Absatz 1 (Archivpflege) und kann diese Aufgaben auch gegenüber anderen Stellen (Absatz 2) wahrnehmen.

(5) Das Staatsarchiv wirkt durch eigene Beiträge an der Erforschung und Vermittlung der hamburgischen Geschichte mit.




§ 2 HmbArchG – Archivgut

(1) Archivgut sind alle archivwürdigen Unterlagen, die bei den in § 1 Absätze 1 und 2 genannten Stellen entstanden sind oder sich in ihrer Verfügungsbefugnis befinden. Unterlagen sind alle Informationsträger wie Akten, Schriftstücke, Karteien, Dateien, Karten, Pläne, Bild-, Film-, Ton-, maschinenlesbare Datenträger und sonstige Aufzeichnungen, Drucksachen, Siegelstempel und sonstiges Dokumentationsgut einschließlich der Hilfsmittel zu ihrer Erschließung und Benutzung.

(2) Archivwürdig sind Unterlagen, denen bleibender Wert für Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung, Wissenschaft oder Forschung oder für die Sicherung berechtigter Belange von Einzelpersonen zukommt. Über die Archivwürdigkeit von Unterlagen entscheidet das Staatsarchiv. Die in § 1 Absatz 1 genannten Stellen unterstützen das Staatsarchiv bei dieser Entscheidung und machen ihm hierzu ihre Unterlagen zugänglich. Archivwürdig sind auch Unterlagen, die auf Grund von anderen Rechtsvorschriften oder zur Rechtswahrung dauernd aufbewahrt werden müssen.

(3) Zwischenarchivgut sind die vom Staatsarchiv zur vorläufigen Aufbewahrung übernommenen Unterlagen, aus denen die archivwürdigen Teile noch nicht ausgewählt worden sind.




§ 3 HmbArchG – Anbietung und Ablieferung

(1) Die in § 1 Absatz 1 genannten Stellen sind verpflichtet, alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, fortlaufend auszusondern, dem Staatsarchiv anzubieten und ihm nach Feststellung der Archivwürdigkeit abzuliefern. Unterlagen sollen spätestens 30 Jahre nach ihrer endgültigen Entstehung ausgesondert und angeboten werden, soweit sie nicht noch nachweislich im Geschäftsgang erforderlich sind oder soweit nicht Rechtsvorschriften andere Fristen bestimmen.

(2) Anzubieten und bei festgestellter Archivwürdigkeit abzuliefern sind auch Unterlagen die

  1. 1.
    personenbezogene Daten enthalten, die gesperrt sind oder die nach einer Rechtsvorschrift gelöscht werden müssten oder gelöscht werden könnten,
  2. 2.
    einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis oder sonstigen Rechtsvorschriften über Geheimhaltung unterliegen.

Von der Anbietungspflicht ausgenommen bleiben Unterlagen, deren Offenbarung gegen das Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis oder die Unverletzlichkeit der Wohnung verstoßen würde, sowie personenbezogene Daten, deren Speicherung unzulässig war oder die nach dienst- oder arbeitsrechtlichen Vorschriften zu löschen oder zu tilgen sind.

(3) Daten verarbeitende Stellen und Staatsarchiv haben bei der Anbietung, Auswahl und Übernahme von Unterlagen mit personenbezogenen Daten, insbesondere solchen, die besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen, die schutzwürdigen Interessen Dritter zu berücksichtigen und die Datensicherung zu gewährleisten.

(4) Durch Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv und den in § 1 Absatz 1 genannten Stellen kann

  1. 1.
    auf die Anbietung von Unterlagen von offensichtlich geringer Bedeutung verzichtet werden,
  2. 2.
    der Umfang der anzubietenden gleichförmigen Unterlagen, die in großer Zahl anfallen, im Einzelnen festgelegt werden

und muss

  1. 3.
    die Auswahl der anzubietenden maschinenlesbar gespeicherten Informationen einschließlich der Form der Datenübermittlung im Einzelnen festgesetzt werden.

(5) Eine Vernichtung oder Löschung von Unterlagen ist nur nach der Verneinung der Archivwürdigkeit zulässig; Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Entscheidet das Staatsarchiv nicht innerhalb von sechs Monaten über die Archivwürdigkeit angebotener Unterlagen, können sie vernichtet oder gelöscht werden. Für maschinenlesbare Unterlagen gilt eine Frist von vier Monaten.

(6) Archivwürdige Unterlagen können bereits vor Ablauf der durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften bestimmten Aufbewahrungsfristen vom Staatsarchiv übernommen werden. Die Pflicht zur Aufbewahrung wird durch das Staatsarchiv erfüllt. Bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist bleibt die abgebende Stelle Daten verarbeitende Stelle im Sinne des Hamburgischen Datenschutzgesetzes (HmbDSG) vom 5. Juli 1990 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 133, 165, 226), zuletzt geändert am 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 9).

(7) Für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehen, besteht die Pflicht zur Anbietung und Ablieferung an das Staatsarchiv nur dann, wenn sie kein eigenes Archiv unterhalten, das archivfachlichen Anforderungen genügt.

(8) Die Bürgerschaft entscheidet in eigener Zuständigkeit, ob bei ihr entstandene Unterlagen, die zur Erfüllung der Aufgaben nicht mehr benötigt werden, von ihr selbst archiviert oder dem Staatsarchiv zur Übernahme angeboten werden.




§ 4 HmbArchG – Verwaltung des Archivguts

(1) Das Staatsarchiv stellt die ordnungs- und sachgemäße Aufbewahrung und Benutzbarkeit des Archivguts und seinen Schutz vor Beschädigung, Vernichtung und unbefugter Benutzung sicher. Es hat von der Übernahme an ebenso wie die abgebende Stelle die schutzwürdigen Interessen Dritter zu berücksichtigen; insbesondere hat es bei Unterlagen mit personenbezogenen Daten, die Vorschriften über die Verarbeitung und Sicherung dieser Unterlagen zu beachten, die für die abgebende Stelle gelten.

(2) Auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Staatsarchiv kann staatliches Archivgut bei einer anderen Stelle verwahrt werden, wenn dafür ein fachlicher Grund gegeben ist, den archivfachlichen Anforderungen genügt wird und die Einhaltung bestehender Rechtsvorschriften, insbesondere des Datenschutzes, gewährleistet ist.

(3) Soweit das Staatsarchiv gemäß § 1 Absatz 2 Archivgut privater Herkunft archiviert, kann es mit den Eigentümern Vereinbarungen treffen, die einen besonderen Umgang mit dem Archivgut entsprechend den Interessen der Eigentümer regeln.

(4) Die Verknüpfung personenbezogener Daten durch das Staatsarchiv ist vor Ablauf der in § 5 genannten Schutzfristen zulässig, wenn schutzwürdige Interessen Betroffener nicht beeinträchtigt werden.

(5) Soweit nicht Rechtsvorschriften über Löschung und Vernichtung personenbezogener Unterlagen zur Anwendung kommen, sind die nichtarchivwürdigen Unterlagen staatlichen Zwischenarchivguts so lange aufzubewahren, bis die abgebende Stelle oder deren Rechtsnachfolger sie zur Vernichtung freigegeben hat; erfolgt die Freigabe zur Vernichtung nicht innerhalb von 20 Jahren nach Übernahme, so können sie zurückgegeben werden.




§ 5 HmbArchG – Benutzung des Archivguts

(1) Jeder hat das Recht, staatliches Archivgut auf Antrag zu amtlichen, wissenschaftlichen, heimatkundlichen oder publizistischen Zwecken sowie zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Interessen zu benutzen, soweit in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt wird und andere Gesetze nicht entgegenstehen.

(2) Für die Benutzung gelten folgende Schutzvorschriften:

  1. 1.
    Soweit durch Rechtsvorschriften keine anderen Fristen bestimmt sind, ist die Benutzung des Archivguts mit Ablauf des 30. Jahres nach seiner endgültigen Entstehung zulässig. Diese Schutzfrist gilt nicht für Archivgut, das von vornherein zur Veröffentlichung bestimmt war.
  2. 2.
    Archivgut, das sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf eine natürliche Person bezieht (personenbezogenes Archivgut), darf erst 10 Jahre nach dem Tod der Betroffenen benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 90 Jahre nach der Geburt der Betroffenen. Sind weder Todesjahr noch Geburtsjahr mit vertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist für personenbezogenes Archivgut 60 Jahre nach seiner endgültigen Entstehung.
  3. 3.
    Unterliegt Archivgut besonderen Geheimhaltungsvorschriften, ist die Benutzung erst mit Ablauf des 60. Jahres nach seiner endgültigen Entstehung zulässig.
  4. 4.
    Für Archivgut, das Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung im Sinne der §§ 8, 10 und 11 des Bundesarchivgesetzes unterliegt, gelten die Schutzfristen des § 5 des Bundesarchivgesetzes.
  5. 5.
    Die Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut gelten nicht für Archivgut, das die Tätigkeit von Personen dokumentiert, soweit sie in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt haben und nicht selbst Betroffene sind. Hat die Tätigkeit in personenbezogenem Archivgut ihren Niederschlag gefunden, sind die schutzwürdigen Interessen Dritter angemessen zu berücksichtigen.

Vor Ablauf von Schutzfristen kann das Staatsarchiv Auskunft aus dem Archivgut erteilen, soweit Absatz 5 im Übrigen nicht entgegensteht.

(3) Die in § 1 Absatz 1 genannten Stellen können die Schutzfristen für bestimmtes, bei ihnen entstandenes Archivgut um höchstens 20 Jahre verlängern, soweit dies aus Gründen des Gemeinwohls geboten ist.

(4) Für einzelne Benutzungen oder Teile von Archivgut können die Schutzfristen verkürzt werden, soweit Absatz 5 im Übrigen nicht entgegensteht. Die Verkürzung bedarf im Falle des Absatzes 3 der Zustimmung der Stelle, bei der das Archivgut entstanden ist. Die Verkürzung der Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut ist nur mit Einwilligung der Betroffenen oder ihrer Rechtsnachfolger zulässig oder wenn die Benutzung für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange von Personen oder Stellen notwendig ist und die schutzwürdigen Interessen Betroffener oder Dritter durch geeignete Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden.

(5) Die Benutzung ist durch das Staatsarchiv einzuschränken oder zu versagen, wenn

  1. 1.
    Grund zu der Annahme besteht, dass dem Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder wesentliche Nachteile erwachsen, oder
  2. 2.
    Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen Dritter beeinträchtigt werden, oder
  3. 3.
    der Erhaltungszustand des Archivguts entgegensteht oder
  4. 4.
    ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entsteht oder
  5. 5.
    die Geheimhaltungspflicht nach § 203 Absätze 1 bis 3 des Strafgesetzbuches oder anderer Rechtsvorschriften über Geheimhaltung verletzt würden.

Gesetzliche Informationsrechte und Vereinbarungen mit Eigentümern privaten Archivguts bleiben unberührt.

(6) Die Benutzung von Archivgut, das gemäß § 2 Absatz 3 Satz 1 des Bundesarchivgesetzes dem Staatsarchiv von Stellen des Bundes übergeben worden ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes.

(7) Für Zwischenarchivgut bleibt die abgebende Stelle bis zum Ende der vorläufigen Aufbewahrung Daten verarbeitende Stelle im Sinne Hamburgischen Datenschutzgesetzes. Im Übrigen richtet sich die Benutzung von Zwischenarchivgut nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

(8) Einer Benutzung durch die Stellen, bei denen das Archivgut entstanden ist, stehen die Schutzfristen nur entgegen, wenn die Aufbewahrung im Staatsarchiv gesetzlich vorgeschriebene Sperrung, Vernichtung oder Löschung ersetzt. Ansonsten haben abgebende Stellen das Recht, Archivgut, das aus ihren Unterlagen ins Staatsarchiv gelangt ist, zu benutzen und auszuleihen.

(9) Das Staatsarchiv wird ermächtigt, durch Verwaltungsvorschrift (Benutzungsordnung) das Nähere über die Benutzung des Archivguts, insbesondere über das Antrags- und Genehmigungsverfahren, über die Vorlage von Archivgut, über die Sorgfaltspflicht bei der Benutzung und über die Herstellung von Reproduktionen zu regeln.

(10) Sofern die Bürgerschaft und die in § 3 Absatz 7 genannten Stellen eigene Archive unterhalten, regeln sie die Einzelheiten der Benutzung in eigener Zuständigkeit unter Beachtung der dafür anwendbaren Bestimmungen dieses Gesetzes.

(11) Die Freie und Hansestadt Hamburg hat Anspruch auf ein dem Staatsarchiv unentgeltlich und unaufgefordert zu überlassendes Belegexemplar von jeder im Druck, maschinenschriftlich oder auf andere Weise vervielfältigten Arbeit, für die die Auswertung des vom Staatsarchiv verwahrten Archivgutes von substanzieller Bedeutung war.




§ 6 HmbArchG – Auskunft und Gegendarstellung

(1) Das Recht der Betroffenen auf Auskunft (§ 18 HmbDSG) kann auch durch Gewährung von Einsicht in Archivgut erfüllt werden.

(2) Wird die Unrichtigkeit personenbezogener Angaben festgestellt, so ist dies berichtigend im Archivgut zu vermerken oder auf sonstige Weise so festzuhalten, dass der Hinweis bei einer Benutzung des Archivgutes nicht übersehen werden kann.

(3) Das Staatsarchiv ist verpflichtet, dem Archivgut eine Gegendarstellung des Betroffenen oder eines Hinterbliebenen hinzuzufügen, wenn die Richtigkeit von Angaben zur Person des Betroffenen bestritten und ein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung glaubhaft gemacht wird.

(4) Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 gelten nur für Archivgut, für das das Staatsarchiv Daten verarbeitende Stelle im Sinne Hamburgischen Datenschutzgesetzes ist.




§ 7 HmbArchG – Ausnahmen vom Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt nicht für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute.