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Anlage 3 VolksEG
Gesetz über das Verfahren beim Volksentscheid
Landesrecht Bremen

Anhangteil

Titel: Gesetz über das Verfahren beim Volksentscheid
Normgeber: Bremen
Redaktionelle Abkürzung: VolksEG,HB
Gliederungs-Nr.: 112-a-1
Normtyp: Gesetz

Anlage 3 VolksEG – Prüfraster für die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Maßgabe der Richtlinie (EU) 2018/958 und weitere Maßnahmen

(zu § 12 Abs. 1a Satz 3)

A. Prüfraster für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen

Vor dem Erlass neuer oder der Änderung bestehender Vorschriften sind diese anhand der folgenden Grundsätze und Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen.

I. Grundsätze bei der Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung

  1. 1.

    Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschriften stehen.

  2. 2.

    Jede Vorschrift ist mit einer Erläuterung zu versehen, die so ausführlich ist, dass eine Bewertung der Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ermöglicht wird.

  3. 3.

    Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass eine Vorschrift gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren.

  4. 4.

    Eine Vorschrift darf weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes darstellen.

  5. 5.

    Vorschriften müssen durch Ziele des Allgemeininteresses im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25) gerechtfertigt sein. Sie müssen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen.

II. Kriterien bei der Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung

  1. 1.

    Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die folgenden Kriterien zu berücksichtigen:

    1. a)

      die Eigenart der mit den angestrebten Zielen des Allgemeininteresses verbundenen Risiken, insbesondere der Risiken für Dienstleistungsempfänger, einschließlich Verbraucher, Berufsangehörige und Dritte;

    2. b)

      die Frage, ob bestehende Regelungen spezifischer oder allgemeiner Art, etwa Regelungen in Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Produktsicherheit oder des Verbraucherschutzes, nicht ausreichen, um das angestrebte Ziel zu erreichen;

    3. c)

      die Eignung der Vorschrift zur Erreichung des angestrebten Ziels sowie die Frage, ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht wird und somit den Risiken entgegenwirkt, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert wurden;

    4. d)

      die Auswirkungen auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union, die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher und die Qualität der bereitgestellten Dienstleistungen;

    5. e)

      die Frage, ob zur Erreichung des im Allgemeininteresse liegenden Ziels auch auf mildere Mittel zurückgegriffen werden kann; wenn die Vorschrift nur durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt ist und sich die identifizierten Risiken auf das Verhältnis zwischen dem Berufsangehörigen und dem Verbraucher beschränken und sich deshalb nicht negativ auf Dritte auswirken, ist im Sinne dieses Buchstabens insbesondere zu prüfen, ob das Ziel durch Maßnahmen erreicht werden kann, die milder sind als die Maßnahme, die Tätigkeiten vorzubehalten.

  2. 2.

    Darüber hinaus sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die folgenden Kriterien zu berücksichtigen, wenn sie für die Art und den Inhalt der neu eingeführten oder geänderten Vorschrift relevant sind:

    1. a)

      der Zusammenhang zwischen dem Umfang der Tätigkeiten, die von einem Beruf erfasst sind oder die einem Beruf vorbehalten sind, und der erforderlichen Berufsqualifikation;

    2. b)

      der Zusammenhang zwischen der Komplexität der betreffenden Aufgaben und der Notwendigkeit, dass diejenigen, die die Aufgaben wahrnehmen, im Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation sind, insbesondere in Bezug auf das Niveau, die Eigenart und die Dauer der erforderlichen Ausbildung oder Erfahrung;

    3. c)

      die Möglichkeit, die berufliche Qualifikation auf alternativen Wegen zu erlangen;

    4. d)

      die Frage, ob und warum die bestimmten Berufen vorbehaltenen Tätigkeiten mit anderen Berufen geteilt oder nicht geteilt werden können;

    5. e)

      der Grad an Autonomie bei der Ausübung eines reglementierten Berufs und die Auswirkungen von Organisations- und Überwachungsmodalitäten auf die Erreichung des angestrebten Ziels, insbesondere wenn die mit einem reglementierten Beruf zusammenhängenden Tätigkeiten unter der Kontrolle und Verantwortung einer ordnungsgemäß qualifizierten Fachkraft stehen;

    6. f)

      die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen, die die Informationsasymmetrie zwischen Berufsangehörigen und Verbrauchern tatsächlich abbauen oder verstärken können.

  3. 3.

    Wird die neue oder geänderte Vorschrift mit einer oder mehreren der folgenden Anforderungen kombiniert, so ist die Auswirkung der neuen oder geänderten Vorschrift zu prüfen, insbesondere ist zu prüfen, wie die neue oder geänderte Vorschrift kombiniert mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben legitimen Zwecks beiträgt und ob sie hierfür notwendig ist:

    1. a)

      Tätigkeitsvorbehalte, geschützte Berufsbezeichnung oder jede sonstige Form der Reglementierung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG;

    2. b)

      Verpflichtungen zur kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung;

    3. c)

      Vorschriften in Bezug auf Berufsorganisation, Standesregeln und Überwachung;

    4. d)

      Pflichtmitgliedschaft in einer Berufsorganisation, Registrierungs- und Genehmigungsregelungen, insbesondere wenn diese Anforderungen den Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation voraussetzen;

    5. e)

      quantitative Beschränkungen, insbesondere Anforderungen, die die Zahl der Zulassungen zur Ausübung eines Berufs begrenzen oder die eine Mindest- oder Höchstzahl der Arbeitnehmer, Geschäftsführer oder Vertreter festsetzen, die bestimmte Berufsqualifikationen besitzen;

    6. f)

      Anforderungen an bestimmte Rechtsformen oder Anforderungen in Bezug auf die Beteiligungsstruktur oder Geschäftsleitung eines Unternehmens, soweit diese Anforderungen unmittelbar mit der Ausübung des reglementierten Berufs zusammenhängen;

    7. g)

      geografische Beschränkungen, auch dann, wenn der Beruf in Teilen der Bundesrepublik Deutschland in einer Weise reglementiert ist, die sich von der Reglementierung in anderen Teilen unterscheidet;

    8. h)

      Anforderungen, die die gemeinschaftliche oder partnerschaftliche Ausübung eines reglementierten Berufs beschränken, sowie Unvereinbarkeitsregeln;

    9. i)

      Anforderungen an den Versicherungsschutz oder andere Mittel des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht;

    10. j)

      Anforderungen an Sprachkenntnisse, soweit diese für die Ausübung des Berufs erforderlich sind;

    11. k)

      festgelegte Mindest- und/oder Höchstpreisanforderungen;

    12. l)

      Anforderungen an die Werbung.

  4. 4.

    Zusätzlich ist sicherzustellen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird, wenn spezifische Anforderungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen gemäß Titel II der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der folgenden Anforderungen, neu eingeführt oder geändert werden:

    1. a)

      eine automatische vorübergehende Eintragung oder eine Pro-Forma-Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG;

    2. b)

      eine vorherige Meldung gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG, die gemäß Absatz 2 des genannten Artikels erforderlichen Dokumente oder eine sonstige gleichwertige Anforderung;

    3. c)

      die Zahlung einer Gebühr oder von Entgelten, die vom Dienstleistungserbringer für die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit dem Zugang zu reglementierten Berufen oder im Zusammenhang mit deren Ausübung gefordert werden.

    Die Verpflichtung nach dieser Nummer gilt nicht für Maßnahmen, durch die die Einhaltung geltender Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährleistet werden soll, die im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union angewendet werden.

  5. 5.

    Bei Vorschriften, die die Reglementierung von Gesundheitsberufen betreffen und die Auswirkungen auf die Patientensicherheit haben, ist das Ziel der Sicherstellung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes zu berücksichtigen.

B. Weitere Maßnahmen

I. Überwachung nach Erlass

Nach dem Erlass oder der Änderung von Vorschriften im Sinne des Buchstaben A Nummer I.1 hat das jeweils zuständige Ressort die Übereinstimmung der Vorschriften mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und Entwicklungen, die nach dem Erlass eingetreten sind, gebührend Rechnung zu tragen. Dabei sind die nach dem Erlass eingetretenen Wirkungen und die Entwicklungen, die nach dem Erlass im betreffenden Bereich des reglementierten Berufs beobachtet wurden, zu berücksichtigen.

II. Information und Beteiligung der Öffentlichkeit

  1. 1.

    Entwürfe von Gesetzen, mit denen Vorschriften im Sinne des Buchstaben A Nummer I.1 eingeführt oder geändert werden sollen, sind auf der Internetseite des Senats zu veröffentlichen.

  2. 2.

    Der Senat hat allen betroffenen Parteien die Möglichkeit zu geben, dazu innerhalb einer Frist von mindestens zwei Wochen Stellung zu nehmen. Eingehende Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

  3. 3.

    Öffentliche Konsultationen sind durchzuführen, sofern dies relevant und angemessen ist.

III. Eintragung in die Datenbank für reglementierte Berufe, Stellungnahmen

  1. 1.

    Die Gründe, nach denen Vorschriften, die nach dem vorstehenden Prüfraster geprüft wurden und die der Europäischen Kommission nach Artikel 59 Absatz 5 der Richtlinie 2005/36/EG mitzuteilen sind, als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig anzusehen sind, sind vom Senat in die in Artikel 59 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG genannte Datenbank für reglementierte Berufe einzutragen.

  2. 2.

    Zu den Eintragungen vorgebrachte Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sonstiger Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz sowie interessierter Kreise sind vom Senat entgegenzunehmen. Im Rahmen der europäischen Verwaltungszusammenarbeit ist das Binnenmarktinformationssystem (IMI) zu nutzen.



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