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Gesetz über die Untersuchungsausschüsse des Bayerischen Landtags
Landesrecht Bayern
Titel: Gesetz über die Untersuchungsausschüsse des Bayerischen Landtags
Normgeber: Bayern
Redaktionelle Abkürzung: UntAusLTG,BY
Gliederungs-Nr.: 1100-4-I
Normtyp: Gesetz


(Inhaltsverzeichnis und amtliche Hinweise wurden ausgeblendet)




Art. 1 UntAusLTG – Einsetzung

(1) Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Anträge auf Errichtung von Untersuchungsausschüssen müssen bei ihrer Einreichung die Unterschriften von mindestens einem Fünftel der Mitglieder tragen.

(2) Ein Untersuchungsausschuss wird von Fall zu Fall für einen bestimmten Untersuchungsauftrag eingesetzt.

(3) Die beantragte Untersuchung muss geeignet sein, dem Landtag Grundlagen für eine Beschlussfassung im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit zu vermitteln.

(4) Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses dürfen nur beraten werden, wenn sie auf der Tagesordnung stehen.




Art. 2 UntAusLTG – Aufgabe

(1) Aufgabe eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist die Untersuchung von Tatbeständen, deren Aufklärung im öffentlichen Interesse liegt, zur Berichterstattung an die Vollversammlung.

(2) Der Gegenstand der Untersuchung muss bei Erteilung des Untersuchungsauftrags hinreichend umschrieben sein. Der Untersuchungsausschuss ist an den ihm von der Vollversammlung erteilten Auftrag gebunden und zu einer Ausdehnung der Untersuchung nicht berechtigt.

(3) Der in einem Minderheitenantrag bezeichnete Untersuchungsgegenstand kann durch Zusatzanträge nur dann erweitert oder ergänzt werden, wenn

  1. a)
    der Kern des ursprünglichen Untersuchungsgegenstandes gewahrt bleibt und
  2. b)
    dadurch keine wesentliche Verzögerung des Untersuchungsverfahrens eintritt.




Art. 3 UntAusLTG – Vorsitzende

(1) Die Vollversammlung des Landtags bestellt die Vorsitzenden der Untersuchungsausschüsse sowie deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Die oder der Vorsitzende und die Stellvertreterin oder der Stellvertreter müssen jeweils verschiedenen Fraktionen angehören und sollen die Befähigung zum Richteramt haben.

(2) Das Vorschlagsrecht für die Vorsitzenden der Untersuchungsausschüsse einer Wahlperiode steht den Fraktionen im Verhältnis ihrer Stärke im Landtag zu; für die Berechtigungsfolge der Fraktionen findet das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers Anwendung.




Art. 4 UntAusLTG – Ausschussmitglieder

(1) Jeder Untersuchungsausschuss besteht mindestens aus sieben Mitgliedern des Landtags. Diese werden von den Fraktionen bestimmt und von der Vollversammlung bestellt. Maßgebend hierfür ist die Stärke der Fraktionen; das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers findet Anwendung.

(2) Fraktionen, die bei der Besetzung der Ausschüsse nach Abs. 1 nicht zum Zuge kommen, entsenden je ein weiteres Mitglied.

(3) Die oder der nach Art. 3 bestellte Vorsitzende und die oder der stellvertretende Vorsitzende werden bei der Ausschussbesetzung nach den Abs. 1 und 2 den Fraktionen zugerechnet, denen sie angehören.

(4) Bei der Bestimmung der Mitglieder nach den Abs. 1 und 2 benennen die Fraktionen so viele Stellvertreterinnen und Stellvertreter, wie ihnen Mitglieder nach den Abs. 1 und 2 zustehen.




Art. 5 UntAusLTG – Ausscheiden von Ausschussmitgliedern

(1) Ausschussmitglieder scheiden aus dem Untersuchungsausschuss aus, wenn sich ergeben hat, dass sie an einer Handlung oder Unterlassung beteiligt waren, die Gegenstand der Untersuchung ist. Ob diese Voraussetzung vorliegt, entscheidet der Ausschuss durch Mehrheitsbeschluss der anwesenden Mitglieder. Bei dieser Entscheidung darf das betreffende Ausschussmitglied nicht mitwirken.

(2) Die weitergehenden Vorschriften der Strafprozessordnung (§§ 22 ff StPO) über die Ablehnung und Ausschließung von Richtern finden auf Ausschussmitglieder keine Anwendung.

(3) Scheidet nach Absatz 1 ein Ausschussmitglied aus, so kann dessen Fraktion einen weiteren Vertreter bestimmen. Art. 3 Abs. 1 findet Anwendung.




Art. 6 UntAusLTG – Beschlussfähigkeit

(1) Der Untersuchungsausschuss ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist.

(2) Ist der Untersuchungsausschuss nicht beschlussfähig, so unterbricht der Vorsitzende zunächst die Sitzung auf bestimmte Zeit. Ist nach dieser Zeit die Beschlussfähigkeit noch nicht eingetreten, so vertagt er die Sitzung. In der nächstfolgenden Sitzung ist der Untersuchungsausschuss beschlussfähig, auch wenn nicht die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend ist.




Art. 7 UntAusLTG – Vorbereitende Untersuchung

(1) Bei Beginn seiner Tätigkeit beschließt der Untersuchungsausschuss, ob eine vorbereitende Untersuchung durch einen Unterausschuss durchgeführt werden soll. Eine solche vorbereitende Untersuchung kann auch im Verlauf der Ermittlungen beschlossen werden.

(2) Aufgabe der vorbereitenden Untersuchung ist die Sammlung und Gliederung des Untersuchungsstoffes, insbesondere die Beschaffung der einschlägigen Akten und Unterlagen und, soweit erforderlich, die Anhörung von Zeugen.

(3) Über die einzelnen Untersuchungshandlungen sind Protokolle aufzunehmen.




Art. 8 UntAusLTG – Zusammensetzung des Unterausschusses

Dem Unterausschuss müssen mindestens der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses und ein Mitglied der antragstellenden Gruppe angehören.




Art. 9 UntAusLTG – Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen

(1) Der Untersuchungsausschuss verhandelt grundsätzlich öffentlich. Auf Verlangen von zwei Dritteln der anwesenden Ausschussmitglieder wird jedoch die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Öffentlichkeit wird weiter ausgeschlossen, wenn und solange es die Staatsregierung zur Begründung eines Antrags auf Ausschluss der Öffentlichkeit verlangt. Der Untersuchungsausschuss entscheidet darüber, ob und in welcher Art die Öffentlichkeit über solche Verhandlungen unterrichtet werden soll.

(2) Sollen Beratungsgegenstände oder Teile hiervon der Geheimhaltung unterliegen, so bedarf es hierzu eines besonderen Beschlusses.

(3) Die Beratungen über das prozessuale Vorgehen des Untersuchungsausschusses und über die Beschlussfassung sind nicht öffentlich.




Art. 10 UntAusLTG – Protokollierung

Die Verhandlungen im Untersuchungsausschuss einschließlich der Beratungen über das prozessuale Vorgehen und die Beschlussfassung werden von Stenografen wortgetreu aufgenommen. In dem Protokoll ist auch die jeweilige Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses festzuhalten.




Art. 11 UntAusLTG – Beweiserhebung durch den Untersuchungsausschuss oder ersuchte Behörden

(1) Der Untersuchungsausschuss erhebt die durch den Untersuchungsauftrag gebotenen Beweise. Die Strafprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. Das Brief-, Post-, Telegrafen- und Fernsprechgeheimnis bleibt jedoch unberührt.

(2) Die Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, Ersuchen des Untersuchungsausschusses um Beweiserhebung Folge zu leisten. Der Rechts- und Amtshilfe soll sich der Untersuchungsausschuss nur im Rahmen der Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung bedienen.

(3) Über die Untersuchungshandlungen durch die ersuchten Behörden sind Protokolle aufzunehmen.




Art. 12 UntAusLTG – Einzelne Beweise

(1) Über die :Erhebung einzelner Beweise und das Beweiserhebungsverfahren einschließlich Art und Zeitpunkt der Beweiserhebung entscheidet der Untersuchungsausschuss durch Beschluss der Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

(2) Unabhängig von Absatz 1 sind Beweise zu erheben, wenn dies von einem Fünftel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses beantragt wird und der Antrag und die beantragte Beweiserhebung zulässig sind.

(3) Lehnt die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses einen Beweisantrag oder eine beantragte Beweiserhebung in der Sitzung, die der Antragstellung folgt, durch Beschluss als unzulässig ab, ist der Beweisantrag der Vollversammlung des Landtags zur Entscheidung vorzulegen. Gegen dessen Entscheidung kann ein Fünftel der Mitglieder des Landtags den Bayerischen Verfassungsgerichtshof anrufen.




Art. 13 UntAusLTG – Rechtsstellung von Betroffenen

(1) Auch die von der parlamentarischen Untersuchung betroffene Person ist grundsätzlich als Zeuge zu vernehmen. Geht aus dem Untersuchungsauftrag aber eindeutig hervor, dass sich die Untersuchung ausschließlich oder ganz überwiegend gegen eine bestimmte Person richtet, so darf diese Person nicht als Zeuge vernommen werden. Ob diese Voraussetzung vorliegt, hat der Untersuchungsausschuss in jedem einzelnen Fall zu prüfen; sie ist insbesonders gegeben, wenn die Untersuchung mit dem Ziele eingeleitet ist, die Beschlussfassung des Parlaments über eine Anklage gegen Mitglieder der Staatsregierung oder gegen Abgeordnete (Art. 59, 61 BV) gegen den Betroffenen vorzubereiten.

(2) Stellt der Untersuchungsausschuss fest, dass eine Person hiernach nicht als Zeuge vernommen werden darf, so ist sie nach Art eines Beschuldigten anzuhören.




Art. 14 UntAusLTG – Zeugenvernehmung

(1) Die durch den Untersuchungsausschuss zu vernehmenden Zeugen sind vor ihrer Vernehmung gemäß den §§ 55 und 57 StPO zu belehren und zu ermahnen.

(2) Abgeordnete, oder Mitglieder der Staatsregierung sind in entsprechender Anwendung des § 55 StPO darauf hinzuweisen, dass sie auch die Auskunft auf solche Fragen verweigern können, bei deren wahrheitsgemäßer Beantwortung sie sich der Gefahr einer Abgeordneten- oder Ministerklage aussetzen würden.

(3) Die Vorschriften der §§ 53 und 53a StPO über weitere Zeugnisverweigerungsrechte finden Anwendung.

(4) Der Untersuchungsausschuss kann Betroffene, Zeugen und Sachverständige zur Geheimhaltung verpflichten. Diese sind über die Geheimhaltungspflicht und über die Strafbarkeit eines Verstoßes hiergegen zu belehren.




Art. 15 UntAusLTG – Fragerecht

(1) Zeugen und Sachverständige werden zunächst durch den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses vernommen.

(2) Sodann hat der Vorsitzende den übrigen Ausschussmitgliedern zu gestatten, Fragen zu stellen. Der Vorsitzende kann ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen zurückweisen.

(3) Über die Zulässigkeit von Fragen des Vorsitzenden sowie über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung von Fragen der übrigen Ausschussmitglieder entscheidet auf Antrag eines Ausschussmitgliedes der Untersuchungsausschuss durch Beschluss der Mehrheit der anwesenden Mitglieder.




Art. 16 UntAusLTG – Vereidigung

(1) Der Untersuchungsausschuss entscheidet über die Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen.

(2) Zeugen sollen nur vereidigt werden, wenn der Untersuchungsausschuss eine Vereidigung, wegen. der Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für notwendig hält.

(3) Von der Vereidigung eines Zeugen ist in entsprechender Anwendung des § 60 Ziff. 2 StPO abzusehen, wenn der Verdacht besteht, er könne an einer strafbaren Handlung beteiligt sein, deren Aufklärung nach dem Sinn des Untersuchungsauftrages mit zur Aufgabe des Untersuchungsausschusses gehört.

(4) Bei Abgeordneten oder Mitgliedern der Staatsregierung ist in entsprechender Anwendung des § 60 Ziff. 2 StPO von der Vereidigung auch dann abzusehen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht haben, das die Erhebung einer Abgeordneten- oder Ministerklage rechtfertigen könnte.




Art. 17 UntAusLTG – Aktenvorlage

Akten der Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind dem Untersuchungsausschuss auf Beschluss der. Mehrheit der Ausschussmitglieder vorzulegen. Soweit es sich um Verschlusssachen handelt, d.h. um Angelegenheiten, die im staatlichen Interesse durch besondere Sicherheitsmaßnahmen vor Unbefugten geheim gehalten werden müssen, gilt die Geheimschutzordnung des Bayerischen Landtags.




Art. 18 UntAusLTG – Aussagepflicht der Beamten

(1) Soll ein Beamter vor einem Untersuchungsausschuss über Angelegenheiten aussagen, die unter seine Amtsverschwiegenheit fallen, so bedarf es dazu der Genehmigung seines Dienstvorgesetzten.

(2) Der Beamte darf sich nicht auf seine Pflicht zur Verschwiegenheit berufen, wenn der Ministerrat auf Ersuchen des Untersuchungsausschusses den Beamten von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet. Der Untersuchungsausschuss hat vor einem solchen Ersuchen die oberste Aufsichtsbehörde über die Verweigerungsgründe zu hören.




Art. 19 UntAusLTG – Verlesen von Protokollen und Schriftstücken

(1) Die Protokolle über Untersuchungshandlungen ersuchter Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind vor dem Ausschuss zu verlesen.

(2) Ebenso sind Schriftstücke, die als Beweismittel dienen, zu verlesen. Von dem Verlesen kann Abstand genommen werden, wenn die Schriftstücke allen Ausschussmitgliedern zugänglich gemacht worden sind und die Mehrheit der anwesenden Ausschussmitglieder auf das Verlesen verzichtet.




Art. 20 UntAusLTG – Sitzungspolizei

(1) Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Ausschussvorsitzenden.

(2) Zeugen, Sachverständige und Zuhörer, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung ergangenen Anordnungen nicht entsprechen, können auf Beschluss des Ausschusses aus dem Sitzungssaal entfernt werden.

(3) Der Untersuchungsausschuss kann außerdem gegen Zeugen, Sachverständige und Zuhörer, die sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig machen, unbeschadet einer strafgerichtlichen Verfolgung, eine Ordnungsstrafe in Geld bis zur Höhe von 500 Euro verhängen.




Art. 21 UntAusLTG – Zwischenbericht, Schlussbericht

(1) Der Landtag kann während der Untersuchung jederzeit vom Untersuchungsausschuss einen Bericht über den Stand des Verfahrens verlangen.

(2) Nach Abschluss der Untersuchung erstattet der Untersuchungsausschuss dem Landtag einen Bericht in schriftlicher Form. Der Bericht darf keine Anträge enthalten.

(3) Die Anfertigung eines Entwurfs für den Schlussbericht obliegt dem Vorsitzenden. Über die endgültige Abfassung entscheidet der Untersuchungsausschuss mit Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

(4) Jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses hat das Recht, seine abweichende Meinung in gedrängter Form auf dem Bericht des Untersuchungsausschusses zu vermerken. Einzelheiten dieser abweichenden Meinung sowie ihre Begründung müssen jedoch aus dem Minderheitenbericht klar erkennbar sein.




Art. 22 UntAusLTG – In-Kraft-Treten

Das Gesetz tritt am 1. Februar 1970 in Kraft.